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Alexandre Hollan - Den Baum sehen - Zeichnungen im Kunstkabinett Hans Martin Hennig vom 29. Februar bis 30. April 2008 Der Maler Alexandre Hollan ist 1933 in Budapest geboren und lebt seit 1956 in Paris und im südfranzösischen Herault. In seinen Bildern und Zeichnungen erforscht und erfährt Alexandre Hollan das Sehen, das für ihn ein sehr seltenes Ereignis ist. Während er im Sommer meist im Süden Frankreichs auf den Spuren der Bäume geht, malt er im Winter in seinem Pariser Atelier vorwiegend Stilleben. In letzter Zeit entstehen hier aber auch großformatige Bäume. In dem Katalog zu seiner Ausstellung "Wege des Sehens" im Stadtmuseum Siegburg schreibt der Maler in seinem kurzen Text "Sehen" über das Auffinden seiner Motive, der Bäume im Unterwegssein und über die Bedeutung, die das Ereignis des Sehens für ihn hat: "Aber was ist ein Motiv? Etwas, das plötzlich vor mir auftaucht, mir den Weg versperrt, mich zwingt anzuhalten. Ich habe den Eindruck, mit ihm streiten zu müssen. Der Blick kehrt sich um, berührt mich. Es ist als ob den Baum betrachtend ich auch mich anschaue. Der Blick - ein Hin und Her zwischen dem Motiv und dem Beobachter. Er berührt wieder und wieder das Gesehene, wendet sich dann nach Innen. Langsam, im Zwischenraum von Motiv und Blick, entsteht das Bild. Dieses lebendige Bild nährt sich von der äußeren Wirklichkeit, aber ein Erlebtes im Innern kann sich gleichwohl darin entfalten. Zwischen beiden kennt der Blick die Verbindung und sucht sie zu verstärken. Eine so erlebte Wirklichkeit - und sei sie auch nicht vollkommen - bringt große Ausgeglichenheit mit sich und eine reinigende Kraft." Diese Ausgeglichenheit und Kraft stellt sich auch bei mir ein, wenn ich die Baum-Zeichnungen von Alexandre Hollan betrachte. Und diese Zeichnungen strahlen diese Kraft und Ausgeglichenheit auch in meinem Kunstkabinett aus, wenn ich nicht da bin, wenn ich nicht auf die Zeichnungen, in die Zeichnungen sehe. Ein stilles Kraftfeld fließt dann in der Luft und ich weiß mich gesehen. Ich drehe mich um zum Bild. Bin ich der Baum, den ich sehe? Wachse ich im Bild? im Blick? Als Linie, als etwas, das folgt und geht, Kreise zieht und zur Fläche wird.? Der Baum ist immer anders. Er hat meist vom Maler einen Namen erhalten, den ich sehe und höre, wenn ich das Bild aufnehme. Wie kann ich sehen? Hollan sagt, nicht frontal, sondern flüchtig, leicht von der Seite, aus den Augenwinkeln, im Vorübergehen. Sehen - gehen - vorübergehen. Das Auge blinzelt und hält die Form, die flüchtige des Baumes, am Leben. Der Baum bin ich. Das Bild ist ein anderes. Den Baum sehen - das geht hier über die Gouaches und die Leporelli von immergrünen mediterranen Steineichen, das geht hier über die Kohlezeichnungen eines kleinen Baumes, den Hollan "Le petit Poussin" nennt, weil ebenso ein Baum im Mittelgrund auf dem letzten Landschaftsgemälde Poussins zu sehen ist. Poussin gehört zu den Malern, denen sich Hollan verpflichtet fühlt. Ein anderer ist Morandi und noch einer Bram van Velde. Der Maler Alexandre Hollan arbeitet gerne mit Schriftstellern wie Yves Bonnefoy und Phillippe Jaccottet zusammen. Oft sind bibliophile Bücher ein Ergebnis. Hier durchdringen sich Bild und Schrift zu einer neuen Sicht. In dem Buch "Der Baum, das Zeichen, der Blitz" erkundet Yves Bonnefoy, wie er den Baum bei Alexandre Hollan sieht: "Man fragt mich manchmal, was ich unter "Präsenz" verstehe. Meine Antwort lautet: Präsenz fände dann statt, wenn nichts von dem, was uns begegnet in der Tiefe dieses Augenblicks der Aufmerksamkeit unserer Sinne entzogen bliebe. Dieser Baum: ich sähe nicht nur das an ihm, was sich bei seinem Anblick als erstes aufdrängt, weil er mir sagt, daß es sich um eine Eiche handelt, nicht nur diese Gestalt seiner Zweige, seiner Krone, die seine Schönheit ausmacht, nicht allein an den Knoten im Holz das Brodeln der Kräfte, die ihn beseelen, die in ihm arbeiten; sondern ich sähe, daß dieser Ast hier diese Länge hat, vor dem Himmel, neben diesem anderen, der kürzer ist; und daß am Stamm hier in seiner Rinde dieser Riß ist, und dort ein anderer, und daß dort oben diese Vögel sich niederlassen, und hier in meiner Nähe lautlos diese Ameisen kommen und gehen. Ich sähe, besser gesagt: nicht eine Länge an dem Ast, sondern daß er bis zu diesem Punkt im Raum reicht, und nicht weiter. Ein Punkt, der derart als ein Absolutes gilt, dessen Abgrund den Zufall aufsaugt wie Sand das Wasser. Ich sähe, ich wüsste nicht, daß ich sähe." zurück |